Lebens-Schaden
03.02.1998 | AutorIn: Dr. Oliver Tolmein | Gen-Medizin
Veröffentlicht in: Konkret 02 / 98, S. 29
"Kein ethischer Bonus für Pfuscharbeit", titelte die "Taz" zufrieden, und auch die "Frankfurter Rundschau" war von den Verfassungsrichtern überzeugt: "Unterhaltszahlungen des Arztes sollen dazu beitragen, daß betroffene Eltern das ungewollte Kind annehmen." Das ungewollte Kind: In einem Fall war es nach einer mißglückten Sterilisation des Mannes gezeugt worden, im anderen Fall war gar nicht das Kind selber ungewollt, es hat nur ungewollte Eigenschaften - es ist nämlich behindert. Ein Risiko, das der Arzt für minimal gehalten hatte, weshalb er den Eltern zu keiner ausführlichen humangenetischen Beratung und zu keinen besonderen Tests vor und während der Schwangerschaft geraten hatte. "Wären wir zutreffend aufgeklärt worden", reklamieren die Eltern jetzt, "hätten wir das Kind erst gar nicht gezeugt."
Die beiden ungewollten Kinder, für die nach dem Urteil des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts vom Dezember 1997 jetzt die Ärzte den Unterhalt zahlen müssen, wurden Anfang der 80er Jahre geboren, in einer Zeit, als vor bundesdeutschen Gerichten eine ganze Serie von Schadenersatzprozessen wegen unerwünschter oder nicht verhinderter behinderter Kinder auf den Weg gebracht wurde. Im ersten Verfahren dieser Art trat das wegen einer Rötelinfektion der Mutter im Verlauf der Schwangerschaft behindert zur Welt gekommene Kind selbst noch als Kläger auf und verlangte Schadenersatz vom Arzt: Dieser habe durch fehlerhafte Beratung und Diagnose ein leidvolles Leben verschuldet, das dem Kind durch eine Abtreibung hätte erspart werden können. Daß ein Kind seine eigene Existenz als Schaden gewertet wissen wollte, um so eine Entschädigung zu erhalten, mochte das Bayerische Oberste Landesgericht nicht akzeptieren. Es verneinte den Anspruch, das Kind ging leer aus, und auch seine Eltern erhielten keine Mark: "Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin scheitert daran, daß es kein Recht und kein Rechtsgut der Klägerin gibt, das der (Arzt) verletzen konnte. Die Klägerin hatte kein Recht darauf, daß die Schwangerschaft abgebrochen wurde, sie hatte auch keinen Anspruch darauf, vor einem Leben unter schwersten Behinderungen bewahrt zu werden. Ganz unabhängig von der Frage der Rechtsfähigkeit wäre die Anerkennung eines solchen Rechts auch mit der Wertordnung des Grundgesetzes unvereinbar; dieses erkennt nur ein Grundrecht auf Leben und auf körperliche Unversehrtheit an. Es gibt aber kein Verfügungsrecht >über< das eigene Leben."
Zwei Jahre später hob der Bundesgerichtshof dieses Urteil auf. Zwar wollten auch die Obersten Bundesrichter dem Kind keinen Schadenersatzanspruch zubilligen, die Eltern sollen aber den von ihnen verlangten behinderungsbedingten Mehraufwand ersetzt bekommen. Die Richter, das wird aus der Begründung deutlich, hätten auch mehr gegeben: den gesamten Unterhalt nämlich - aber den hatten die Kläger zum Bedauern der Richter nicht verlangt. Das Urteil liest sich eindrucksvoll: Wortreich wird "die seelische Belastung (der Mutter) durch das Miterleben des Schicksals eines schwerbehinderten Kindes" betont, auch "das ethische Interesse der Mutter" wird ausführlich gewürdigt, die sich jetzt, da sie nicht abgetrieben hat, "dem Selbstvorwurf (auszusetzen hat), daß sie dem Kind nicht ein unter Umständen qualvolles und der Eingliederung in die Gesellschaft schwer zugängliches Leben durch eine von der Rechtsordnung in ihre Verantwortung gestellte Entscheidung erspart hat".
Die nächsten Kläger, die vor den Bundesgerichtshof gezogen sind, haben den kaum versteckten Hinweis im Rötel-Fall verstanden: Für ihr Kind, das mit Trisomie 21 (Down-Syndrom genannt) geboren wurde, wollen sie nicht nur den behinderungsbedingten Mehraufwand, sondern den gesamten Unterhalt als Schadenersatz: Der Arzt hatte auf die Frage, ob die 39jährige Schwangere eine Fruchtwasseruntersuchung machen müsse, mit Verweis auf ihre beiden nichtbehinderten Kinder geantwortet, er halte das "nicht für unbedingt notwendig". Der Bundesgerichtshof gibt den Klägern recht. Daß nicht nur der behinderungsbedingte Mehraufwand gezahlt werden muß, ist für die Karlsruher Richter schnell begründet: Die Eltern hätten ein Kind mit Behinderung nicht nur wegen der höheren Kosten der Behinderung nicht gewollt, sie hätten ein solches Kind überhaupt nicht haben wollen - deswegen stelle für sie der gesamte Unterhalt den Schaden dar.
Für wie notwendig der Bundesgerichtshof die Verhinderung der Geburt von Kindern mit Behinderung hielt, wird in einem Richterspruch von 1987 noch deutlicher: Eine Frauenärztin, die die Wahrscheinlichkeit der Geburt eines Kindes mit Trisomie 21 bei einer ihrer Patientinnen auf nur 0,68 Prozent veranschlagte und deswegen von einer Fruchtwasseruntersuchung wegen der Möglichkeit einer Schädigung des Kindes durch diese Untersuchungsmethode abgeraten hatte, mußte, als das unbestrittenermaßen äußerst unwahrscheinliche Ereignis dennoch eintrat, Schadenersatz zahlen. Daß aber auch die bloße Aufklärung der Mutter über das Risiko, ein behindertes Kind zur Welt zu bringen, nicht ausreicht, um der Haftung in Form von Schadenersatz zu entgehen, wird aus einem rechtskräftig gewordenen Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf von 1989 deutlich. Darin wird ein Arzt zur Zahlung des Unterhalts verpflichtet, weil er versäumt hat, zusätzlich, "ohne daß er zur Dramatisierung des genetischen Risikos und der Auswirkungen verpflichtet wäre, unmißverständlich (klarzumachen), daß das Risiko auch die Entwicklung eines schwerstgeschädigten Kindes beinhalte und daß die Geburt eines so geschädigten Kindes erfahrungsgemäß zu unerträglichen und furchtbaren Belastungen führe, vielfach verbunden mit der Notwendigkeit lebenslanger Pflege und Betreuung des genetisch geschädigten Menschen. Diese Auswirkungen sind dem medizinischen Laien regelmäßig nicht bekannt, auch wenn er den Begriff >Mongolismus< mit einer Schädigung der Leibesfrucht in Verbindung bringt. Der Arzt verstößt deshalb gegen seine vertragliche Beratungspflicht, wenn er die Unterrichtung der Patientin in Bezug auf das eigentliche Risiko auf die Mitteilung der schlagwortartigen Begriffe >Mongolismus< oder >mongoloides Kind< reduziert." Das Leben mit Behinderung möglichst furchterregend, als "unerträgliche Belastung" zu schildern, ist kein Ausrutschen.
Auch der Bundesgerichtshof hat in einem 1994 veröffentlichten Urteil deutlich werden lassen, daß es bei Schadenersatzzahlungen für behinderte Kinder wesentlich um Wertungsfragen geht. Die Entscheidungen, die vordergründig die Verletzung von Aufklärungspflichten zum Thema haben und die deswegen den Eindruck erwecken, sie würden Patientinnenrechte stärken, gründen tatsächlich auf der entschiedenen Ablehnung des Lebens mit Behinderung: "Der Wunsch der Kläger, ein nicht behindertes Kind zur Welt zu bringen und zur Vermeidung einer befürchteten genetischen Schädigung die Zeugung vom Ergebnis einer entsprechenden Beratung abhängig zu machen, könnte nicht einmal moralischen Bedenken begegnen, sondern ist in hohem Maß von elterlicher Verantwortung geprägt." Im Jahr zuvor hatte der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts in seinem Paragraph-218-Urteil die Zivilgerichte zur Überprüfung ihrer Schadenersatz-Rechtsprechung aufgefordert. "Die rechtliche Qualifikation des Daseins eines Kindes als Schadensquelle kommt von Verfassungs wegen nicht in Betracht. Deshalb verbietet es sich, die Unterhaltspflicht für ein Kind als Schaden zu begreifen." Obwohl diese Überlegung in den Leitsätzen des Urteils festgehalten worden ist, fühlten sich die Richter des BGH daran nicht gebunden. Und die Bundesverfassungsrichter des 1. Senats, die im Dezember 1997 in einem aufsehenerregenden Verfahren die Verfassungsbeschwerde gegen dieses BGH-Urteil von 1994 abgewiesen haben, ohne den gemeinsamen Großen Senat des höchsten deutschen Gerichts anzurufen, haben damit der seit Anfang der 80er Jahre etablierten Rechtsprechung den letzten Segen erteilt.
Die zahlreicher gewordenen Klagen von Eltern und die Rechtsprechung, die ihnen wenigstens in diesem Bereich des Arzthaftungsrechts weit entgegengekommen ist, sind Teil eines gesellschaftlichen Erosionsprozesses, der, um "Selbstbestimmung" zu verwirklichen, eine umfassende Entsolidarisierung eingeleitet hat. (Mittlerweile ist auch eine Krankenkasse, die DAK, dazu übergegangen, bei allen Kindern, die Antrag auf Leistungen aus der Pflegekasse stellen, zu überprüfen, ob ihre Schädigungen nicht durch Behandlungsfehler von Ärzten verursacht sind und deswegen deren Haftpflichtversicherungen in Regreß genommen werden können.) Als treibende Kraft erweist sich dabei das Bemühen, die moderne Medizintechnik nicht nur, was problematisch genug ist, uneingeschränkt zu nutzen. Auf ihre Möglichkeiten, das Leben in allen Phasen, bei der Befruchtung, vor der Geburt, bei schwerer Krankheit, vor dem Sterben, zu steuern, soll vielmehr mit Hilfe des Rechts ein Anspruch durchgesetzt werden. Dieses Denken in Anspruchskategorien kann im kritischen Fall zur Barbarei führen - dann nämlich, wenn sich zwischen Idee und Wirklichkeit eine Kluft auftut. Zwar müht sich die High-Tech-Reproduktionsmedizin mit Präimplantationsdiagnostik und immer raffinierteren vorgeburtlichen Untersuchungsmethoden, das Ziel, die Herstellung eines Kindes, das garantiert keine Behinderung hat, zu gewährleisten und auch die für nicht mehr akzeptabel gehaltenen Restrisiken, wie die 0,68-prozentige Wahrscheinlichkeit, ein Kind mit Behinderungen zu bekommen, auszuschalten. Für den Notfall ist zur Erreichung des Ziels auch der Einsatz altbewährter destruktiver Mittel recht - und wird von Bioethikern, die das Anspruchsdenken internalisiert haben, bis zur letzten Konsequenz, dem Selektionssystem, legitimiert.
Die Abtreibung des identifizierten geschädigten Fetus und wohl auch das Liegenlassen des behinderten Neugeborenen erscheinen vielen allemal akzeptabler, als einen Behinderten in ihrer Lebensgemeinschaft zu haben. Zu einem Drama hat diese Haltung vor einigen Wochen in Oldenburg geführt, wo eine Frau, nachdem in der 25 * Schwangerschaftwoche eine Trisomie 21 beim Fetus festgestellt worden war, eine Abtreibung durchführen ließ: Abtreibungen in diesem späten Stadium sind faktisch Entbindungen. Von den Oldenburger Ärzten wurde der Fetus nicht, wie es manche Mediziner favorisieren, vor der Geburt durch Setzen einer Spritze ins Herz getötet - und er wollte auch nicht sterben, nachdem er auf die Welt gebracht worden war. Mit 690 Gramm Gewicht hatte das abgetriebene Neugeborene zudem passable Überlebenschancen. Die Ärzte versorgten das Kind dennoch anfangs nicht. Erst als es nach Stunden ohne medizinische Hilfe noch am Leben war, entschieden sich die Mediziner nach Rücksprache mit den Eltern, die Behandlung einzuleiten - die lange Wartephase vor der Erstversorgung hat wahrscheinlich weitere schwere Schädigungen des Kindes verursacht.
Aber jenseits der Probleme, die sich bei der praktischen Umsetzung des Anspruchsdenkens ergeben, greifen auch rechtliche Bedenken gegen eine Spruchpraxis, die das Leben eines ungewollten Kindes als Anknüpfungspunkt für Schadenersatz-Zahlungen auffaßt. Zu fragen wäre etwa, ob ein Behandlungs- bzw. Beratungsvertrag zwischen Arzt und Patientin, der darauf zielt, eine bestimmte Qualität von Kind zu sichern, nicht sittenwidrig ist. Es ist hierzulande beispielsweise schwer vorstellbar, daß ein Arzt, der Eltern nach einer Ultraschalldiagnostik zusichert, sie bekämen einen Jungen, zur Zahlung von Schadenersatz in Höhe des Unterhalts verpflichtet würde, wenn das Kind sich schließlich doch als Mädchen erwiese, die Eltern ein Mädchen aber nicht haben wollten. Aber selbst wenn man den Behandlungsvertrag als gegeben akzeptiert und anerkennt, daß er vom Arzt unzureichend erfüllt wurde, ist festzuhalten, daß mit der Geburt des Kindes eine ganz neue Situation entsteht: Das Verhältnis zwischen Eltern und Arzt wird zu einem Dreiecksverhältnis zwischen Eltern, Arzt und Kind. Gerade die Interessen des neu hinzugetretenen Kindes werden aber durch den von den Eltern geltend gemachten Anspruch auf Schadenersatz beeinträchtigt und sind damit auch zu berücksichtigen. Das gilt um so mehr, als der Anspruch auf Schadenersatz im Bürgerlichen Gesetzbuch prinzipiell nicht auf die Zahlung von Geld, sondern auf die Wiederherstellung des ursprünglichen, schadensfreien Zustandes gerichtet ist. In den hier diskutierten Fällen hätten die Eltern also prinzipiell vor allem einen Anspruch auf Beseitigung des Kindes. Die Zuspitzung dieser Überlegung macht ihre Problematik deutlich: Würden sich Positionen von Bioethikern wie Peter Singer oder Rechtsphilosophen wie Norbert Hoerster durchsetzen, die die Tötung auch von geborenen Kindern zulassen wollen, könnten die Eltern also die Tötung des Kindes verlangen. In der Logik der Gerichte müßten sie es sogar.
Für die Phase der Schwangerschaft wirft das schon heute Probleme auf. Wer Schadenersatz fordert, hat auch Schadensminderungspflichten. Das heißt, der Arzt, der durch eine mangelhafte Aufklärung die Zeugung eines Fetus mitverursacht hat, der geschädigt zur Welt kommen würde, könnte von der Schwangeren die Beseitigung des, wie der BGH formuliert, "noch wiedergutzumachenden Fehlers", also die Abtreibung, verlangen. "Die Mutter kann den Anspruch nicht geltend machen, wenn sie sich einer alsbald möglichen, medizinisch zumutbaren und rechtlich noch erlaubten Wiederholung des Eingriffs verweigert", heißt es dementsprechend in einem 1985 gefällten Urteil gegen eine Frau, die nach einer fehlgeschlagenen Abtreibung Schadenersatz auf Kindesunterhalt vom Arzt forderte.
Es stehen aber auch prinzipielle Einwände gegen ein Interesse der Eltern, das Recht auf umfassende Steuerung ihrer Familienplanung zugesprochen zu bekommen. Die Entwicklungen in der Reproduktionsmedizin überschreiten den Grat zwischen einer Kulturleistung, die dem Menschen ermöglicht, sich in der Natur, der er sonst als Objekt ausgeliefert wäre, zum Subjekt zu emanzipieren, und einer Naturbeherrschung, mit der der Mensch sich selbst zu einem Gegenstand degradiert, der nach einem vorgegebenen Muster gestaltet wird. In dem Maß, in dem der medizinische Fortschritt weg vom Subjektcharakter des Menschen rechtlich abgesichert wird und Menschen einen einklagbaren Anspruch auf die dadurch möglich gewordenen Leistungen haben, wird aus einer bedenklichen Möglichkeit eine bedrohliche Norm, in der die Schadensvermeidung zum Ziel wird.
Die andere Seite dieser Normsetzung ist die Sicherung eines garantiert gesunden Nachwuchses. Dabei geraten die Frauen, die gegenüber den Ärzten ihr Recht auf "Schadensfreiheit" einzuklagen versuchen, schnell selbst in die Position des Objektes. Denn parallel zur Etablierung der "wrongful life"-Rechtsprechung erstarken auch Tendenzen, die Position des ungeborenen Kindes zu stärken - zumindest wenn es nichtbehindert ist. Zwar konnte der Fetus auch nach älterer deutscher Rechtsprechung schon den Status eines Vertriebenen und das Anrecht auf Kriegsopferrente erwerben, neu ist aber, daß das (nichtbehinderte) Ungeborene zunehmend auch Rechte gegenüber seiner Mutter zugesprochen bekommt.
Der Ausgangspunkt liegt wie bei der Schadenersatzrechtsprechung im angloamerikanischen Rechtsraum: Bei einer werdenden Mutter konstatierten die Gynäkologen im Januar 1981 eine Blockade des Geburtskanals. Weil der Versuch einer natürlichen Geburt den sicheren Tod des Fetus zur Folge gehabt hätte, rieten sie zum Kaiserschnitt. Die Eltern lehnten aus religiösen Gründen ab. Daraufhin erwirkten die Ärzte einen Gerichtsbeschluß, der ihnen erlaubte, die Operation auch gegen den Willen der Item durchzuführen. Mehrfach wurde at ch gegen Mütter vorgegangen, die durch Tabletten- und Drogenmißbrauch ihren Fetus geschädigt haben sollen. Entsprechende Überlegungen haben sich, wie sich aus einer Pressemitteilung des Bundesjustizministers von 1986 ergibt, auch im Entwurf für das bundesdeutsche Embryonenschutzgesetz niedergeschlagen: "Sollte etwa eine Schwangere ein Contergan vergleichbares Mittel trotz Kenntnis seiner Gefährlichkeit einnehmen, besteht kein Anlaß, die Schwangere von der Strafbarkeit auszunehmen."
Allerdings haben diese Überlegungen im verabschiedeten Gesetz, das sich ausschließlich mit neueren reproduktionsmedizinischen Möglichkeiten beschäftigt, vorerst keinen Niederschlag gefunden. An der Tendenz, die Schwangere, der dann zwar bestimmte Qualitätserwartungen zugestanden werden, mit zunehmenden Einwirkungsmöglichkeiten auf den Fetus zum "fetalen Umfeld" zu degradieren, das sich auch selbst qualitätssichernd zu verhalten hat, ändert das nichts. "Menschenwürde kommt schon dem ungeborenen menschlichen Leben zu", behauptet der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts in seinem Paragraph-218-Urteil von 1993, in dem er gleichzeitig die Einstufung des geborenen Kindes als Schadensquelle ablehnt. Der postmortale Persönlichkeitsschutz sei dem "selbständigen Lebensrecht des ungeborenen Kindes nachgeordnet", stellte das Vormundschaftsgericht Erlangen am 16. Oktober 1992 fest und begründete so, daß die hirntote, also sterbende Schwangere Marion P. durch die Intensivmedizin als fetales Umfeld funktionsfähig erhalten wurde, damit der Fetus leben konnte.
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