Völker, lasst das Klonen sein

21.10.2004 | AutorIn:  Dr. Oliver Tolmein | Recht

Die Debatte über eine Klon-Konvention der UNO

WDR 3 Tageszeichen am 21.10,2004: In den Vereinten Nationen wird zum wiederholten mal diskutiert, ob eine einheitliche Konvention gegen das Klonen geben soll. Die beiden kontroversen Entwürfe stammen von Costa Rica (contra) und Belgien (pro).

Die sich über Jahre hinziehende Debatte zu reproduktivem und therapeutischem Klonen menschlicher Zellen führt die Grenzen des internationalen Rechts deutlich vor Augen: Schon auf nationaler Ebene erweisen sich bioethische Debatten stets als hochbrisant und führen selten zu einem überzeugenden Konsens. Auf internationaler Ebene sind die kulturellen Spannungen noch weitaus größer, ist die Verständigung gerade über ethische Werte besonders schwierig - was selbst im Fall einer Einigung dazu führen wird, dass der Beschluss kaum zuverlässig umgesetzt werden kann. Gleichzeitig betrifft die gegenwärtige Forschungspolitik in der Biomedizin die Menschheit als Ganze, wie kaum eine andere Entwicklung zuvor: Wenn hier Experimente mit Menschen durchgeführt und Behandlungsstrategien etabliert werden, haben sie nicht nur regional begrenzte Folgen, sondern ändern das Verständnis vom Menschen insgesamt.Schaut man auf die Liste der Länder, die den Vorschlag Costa Ricas für ein absolutes Klonverbot unterstützen stößt man aber noch auf ein anderes Problem: Es sind neben den stark katholisch geprägten, überwiegend arme Länder, von Angola bis Zambia, von Benin bis Ruanda, die sich gegen die Entwicklung dieses Zweigs der High Tech Medizin stellen. Und sie haben gute Gründe dafür.

Die gegenwärtige Konzentration auf biomedizinische Forschung und insbesondere das Klonen menschlicher Zellen führt zu einer Verengung der wissenschaftlichen Anstrengungen auf die Krankheiten, die in den Industrienationen als besonders problematisch und schwer behandelbar gelten. Die Bekämpfung von Parkinson, Alzheimerscher Erkrankung oder auch von Diabetes, die in jedenfalls noch recht ferner Zukunft vielleicht möglich werden könnten, wird keinen Deut dazu beitragen, dass die medizinischen Probleme armer Länder in Afrika, Asien und Lateinamerika gelöst werden. Wie auch immer die Therapien aussehen, die am Ende der ethisch bedenklichen Verfahren stehen: für Kranke in Benin, Bangladesh, Costa Rica oder Tanzania werden sie nicht zur Verfügung stehen. Zum einen erreichen die Menschen zumeist schon gar nicht das Alter, in dem Altersdiabetes oder Alzheimersche Erkrankung sicht- und spürbare Folgen haben. Zum anderen werden die Behandlungen, wenn es sie überhaupt jemals geben wird, viel zu teuer sein - wahrscheinlich teurer als die Therapie von HIV, und auch diese mittlerweile in den westlichen Industrienationen wenigstens symptomatisch passabel wirkenden Therapien stehen im Rest der Welt zu keinem akzeptablen Preis zur Verfügung.

Schaut man auf die Entwicklung im Bereich der Transplantationsmedizin, einer anderen High-Tech-Branche, werden die Probleme und gegenläufigen Interessen noch offensichtlicher: Die modernen biomedizinischen Verfahren helfen Menschen nicht nur, sie benötigen auch menschliche Zellen und Organe als Material. Und wenn die inländischen Ressourcen der westlichen reichen Staaten nicht ausreichen entwickelt sich schnell ein grauer und ein schwarzer Markt in den armen Ländern, deren Einwohner zwar von den Therapien nicht profitieren können, die aber dringend Geld benötigen und deswegen auch bereit sind ihre Gesundheit zu verkaufen.Die Debatte über die Anti-Klon-Konvention ist eine ethische Debatte - aber es geht in ihr nicht nur darum, ob es Wissenschaftlern erlaubt sein soll Embryonen als Labormaterial zu benutzen. Es geht auch um Verteilungsgerechtigkeit um die Frage, ob es richtig ist eine High-Tech-Medizin immer weiter voranzutreiben, statt sich endlich dafür stark zu machen, dass auf der ganzen Welt wenigstens eine grundlegende medizinische Versorgung möglich ist. Und es geht um die Frage, ob es erlaubt sein soll zum möglichen Nutzen für einen kleinen Teil der Weltbevölkerung grundlegende Prinzipien des Lebensschutzes über Bord zu werfen, die die ganze Menschheit schützen sollen. Der Bundesregierung und insbesondere einem grünen Außenminister sollte es nicht allzu schwer fallen, angesichts diese Konfliktlage den Antrag Costa Ricas zu unterstützen, auch wenn man sich damit auf eine Seite mit den USA stellt, die sicher andere Motive als die Förderung der Verteilungsgerechtigkeit für ihre Entscheidung

Weiterführende Links

    Die Homepage des UN-Ad-Hoc-Komittees gegen das Reproduktive Klonen | http://www.un.org/law/cloning/
    Das Dossier der 1000Fragen-Homepage zum Therapeutischen Klonen | http://www.1000fragen.de/index.php?mo=13&pt=2
    Hintergründe zur Konvention gegen Klonen | http://www.1000fragen.de/index.php?mo=13&pt=2&pi=11&pn=0#hl0
    Hier können Sie den Beitrag von Oliver Tolmein hören | http://www.wdr.de/radio/wdr3/sendung.phtml?sendung=TagesZeichen

 

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