12.06.1998 | AutorIn:  Dr. Oliver Tolmein | Aufsätze

KritV (Kritische Viertelsjahresschrift für Rechtswissenschaft und Gesetzgebung) 1998, Seiten 52-73

In dieser Untersuchung werden die strafrechtlichen Aspekte der Forschung an einwilligungsunfähigen Personen im Hinblick auf die entsprechenden Regelungen in der Biomedizin-Konvention des Europarats diskutiert. Eine zentrale Stellung hat dabei die Auseinandersetzung mit dem Rechtsgut des StGB § 223 (Körperverletzung), der als grundlegende strafrechtliche Schutznorm, die auch bei Humanexperimenten zur Geltung kommt, gesehen wird. Ausgehend davon, dass die Einwilligung im Kontext des § 223 StGB rechtfertigend wirkt, wird begründet, warum das Selbstbestimmungsrecht ein eigenständiges Schutzgut des StGB § 223 ist. Außerdem wird diskutiert, welche Rechtfertigungsgründe bei fremdnützigen Humanexperimenten mit einwilligungsunfähigen Menschen in Frage kommen: Den Argumenten für die antizipierte und die mutmaßliche Einwilligung, den rechtfertigenden Notstand, die Einwilligung durch Betreuer und für eine angeblich existierende Sozialpflicht des Patienten wird eine an der Menschenwürde orientierte Position entgegengesetzt. Deswegen werden die Bestimmungen der MRKBioMed (Menschenrechtskonvention über Biomedizin), die Forschung an Nichteinwilligungsfähigen zulassen, abgelehnt, weil sie Verhaltensweisen erlauben, die in Deutschland gegenwärtig mit guten Gründen vom Strafrecht verboten werden.

 

Zurück zur Übersicht