In Kimberleys Namen: Dem Diamantenhandel den Prozess machen

21.10.2003 | AutorIn:  Dr. Oliver Tolmein | Internationales Recht

Frankfurter Allgemeine Zeitung, 21. Oktober 2003: Diamantenhandel und Kriegsverbrechen hängen oft eng zusammen. Jetzt ermittelt auch der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes.

Als der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofes, Luis Moreno Ocampo, anläßlich eines Hintergrundgesprächs die Profiteure des Handels mit sogenannten Konflikt- oder Blutdiamanten in eine Reihe mit Kriegsverbrechern stellte, die eigenhändig morden, dürfte die Bush-Administration zufrieden gewesen sein: Hatte doch der US-Präsident gerade selbst anläßlich seiner großen Afrikareise ein Importverbot für Diamanten verhängt, die nicht eindeutig aus offiziell kontrolliertem Abbau stammen. Es wird geschätzt, dass der internationale Diamantenhandel jährlich ein Volumen von 4,5 Milliarden Euro hat, 10 bis 15 Prozent der kostbaren Ware stammen dabei aus illegalen Quellen. Zu dem Engagement der US-Regierung für die Eindämmung des über Diamantenverkauf finanzierten Waffenhandels dürften Erkenntnisse beigetragen haben, daß neben zahllosen Warlords in Liberia, Sierra Leone, der Demokratischen Republik Kongo oder Angola auch Al Quaeda vom Verkauf der wertvollen, aber kleinen und deswegen bequem zu schmuggelnden Edelsteinen profitiert. Mit den neuen Verordnungen und Gesetzen gegen Blutdiamanten haben die USA den vor drei Jahren von Südafrika initiierte Kimberley Process in ihr nationales Recht implementiert. Der Kimberley Process hat zum Ziel hat, den Weltdiamantenhandel international zu kontrollieren - und er ist nun eines der wenigen internationalen Vertragswerke, das in letzter Zeit auch von den USA umfassend ratifiziert worden ist.

Seit Sommer letzten Jahres sieht der Kimberley Process ein detailliertes Zertifzierungssystem für Rohdiamanten vor, das ermöglicht den Ursprung der Diamanten nachweisen und die Quellen, in die die Verkaufsgelder fließen überwachen zu können. Die Diamanten müssen dafür direkt nach dem Abbau in sicheren Behältnissen versiegelt werden. Für jedes Behältnis wird ein Zertifikat erteilt und nur zertifizierte Diamanten dürfen in Teilnehmerstaaten des Kimberley-Prozesses eingeführt werden. Die Erstellung der Zertifikate und der sichere Transport der Diamanten zum Ausfuhrort werden von den jeweiligen Mitgliedstaaten überwacht. Am Kimberley Prozess nehmen mittlerweile 45 Staaten teil, darunter die wichtigsten Diamantenim- und -exporteure, darunter neben den USA seit Mitte letzten Jahres auch die Europäische Union. Allerdings gibt es an dem auf Selbstregulierung der am Diamantenhandel teilnehmenden Staaten setzenden System auch Kritik von internationalen Menschenrechtsorganisationen wie "Global Witness", die sich mit dem Zusammenspiel von Menschenrechtsverletzungen und Umweltzerstörung befassen: Die Einhaltung der Zertifizierungsregeln müsste von unabhängigen Gremien überwacht werden, sonst sei die Gefahr groß, daß sie umgangen würden. Ein Beispiel dafür ist der Handel mit der Zentralafrikanische Republik, aus der Belgien ausweislich der entsprechenden Zertifikate im Januar diesen Jahres dreimal mehr Diamanten eingeführt hat, als überhaupt abgebaut worden sein sollen. Experten gehen davon aus, dass hier illegal abgebaute Diamanten aus der angrenzenden Demokratischen Republik Kongo geschmuggelt worden sind. Unterstützung bekommen die Kontrolleure des Weltdiamantenhandels von Geowissenschaftlern der Katholischen Universität Leuwen. Mithilfe einer Laserbohrung können sie eine Art individuellen chemischen Fingerabdruck für Diamanten erstellen. Dieses Profil ermöglicht festzustellen, aus welcher Mine der Diamant kommt. Allerdings müssen, um dieses Verfahren sinnvoll einzusetzen, erst die geochemischen Daten jeder Mine erfasst werden - ein Prozess, der Jahre dauern kann, an dessen Ende dann aber möglich wäre, Weg und Herkunft der wertvollen Handelsware zuverlässig von unabhängigen Gutachtern bestimmen zu lassen. Im Zusammenspiel mit den politischen Instanzen und den Internationalen Strafgerichtshof würden so Geochemiker zu den gefährlichen Feinden der Warlords.

Weiterführende Links

    Homepage des Kimberley Process gegen Konfliktdiamanten | http://www.kimberleyprocess.com/public.asp
    UN-Seite über Konfliktdiamanten | http://www.un.org/peace/africa/Diamond.html
    EU und der Kimberley Process | http://europa.eu.int/comm/external_relations/kimb/intro/

 

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